Kunst und Küche in der Lagune | The Hans in Venedig

30.09.2019

Venedig ist nicht nur während der Biennale eine Reise wert. Hier finden Sie die besten Lokale abseits der touristischen Trampelpfade - von ganz klassisch bis hin zur Nuova Cucina Veneziana.

Die Qual der Kaffeehauswahl hat auch immer eine ideologische Komponente. Nicht nur in Wien, sondern erst recht in Venedig. Vom Dom gesehen links auf dem Markusplatz ist das "Florian", rechts das "Quadri". Die Qual der Wahl. "Als Künstler kannst du nur im 'Florian' sitzen", wurde ich schon vor Jahren von einem österreichischen Experten aufgeklärt. 'Historisch war das 'Quadri' nämlich für die Aristokraten und das 'Florian' fürs Volk. Und wir sind das Volk!"

Deshalb sitzen wir, die Kunst- oder Architekturtouristen, wenn die jeweilige Biennale ihre Pforten öffnet, links vom Dom, wie sich's gehört. Und wie immer schon im "Florian", wo man sich über einen absurden Preis für den kleinen Espresso und den Musikzuschlag von 5,80 Euro für die Kapelle ärgert, die zum dritten Mal in einer Stunde "Donau so blau" intoniert.

Ja, Venedig, das hat viel mit Tradition zu tun. 600 Lokalitäten sind in der Lagunenstadt verzeichnet. 500 davon kann man vergessen, dort schmeckt's nicht einmal den wenig verwöhnten Touristenmassen. Wo man in Venedig wirklich gut isst, darüber lässt sich's für kulinarisch Interessierte trefflich streiten. Jede Auswahl ist daher rein subjektiv, auch in meinem Blog.

"Misto Crudo", eine Art venezianisches Sushi

Beginnen wir klassisch: Das "Corte Sconta" ist ein Biennale-Liebling. Ich habe noch keine Biennale erlebt, wo österreichische Kunstbeflissene und auch die Künstler selbst nicht diese sympathische Trentiner Trattoria auf halbem Weg zwischen Markusplatz und den Giardini bevölkert hätten. Eine wunderbare Vorspeisen- platte, auf der alles von der Seespinne bis zum Tintenfisch seinen Platz hat, Spaghetti Vongole und dann ein ordentlicher Fisch mit Polenta oder eine Fischplatte für den ganzen Tisch - so lässt sich ein anstrengender Biennale-Tag hervorragend beschließen. Ehrlich gesagt, hier bin ich am liebsten. Das "Da Fiore" in San Polo steht ebenfalls für bestes Seafood - vom "misto crudo" (roh marinierter Fisch, eine Art venezianisches Sushi) bis zum Kalamar mit Radicchio und dem wilden Aal aus der Lagune ist alles im Angebot.

Um bei den Klassikern zu bleiben: die "Hostaria da Franz" auf dem halben Weg zwischen den Giardini und dem Markusplatz kann ich für einen ruhigen Abend genauso empfehlen wie die "Alle Testiere" oder das "Antiche Carampane".

Nuova Cucina Venziana

In den letzten Jahren hat sich dankenswerterweise auch so etwas wie eine Nuova Cucina Veneziana etabliert - leichter, gewagtere Kombinationen und weit weg von der (auch von mir) so geschätzten Trattoria-Gemütlichkeit. Da entwickelt sich ein neues kulinarisches Venedig. Gleich hinter dem Markusdom hat sich das "Il Ridotto" angesiedelt. Gerade zwölf Tische in einem hellen, modernen Ambiente mit ebenso moderner Gourmetküche hat Patron Gianni zu bieten. Das große Fisch-Menü kostet zwar 120 Euro, dafür gibt es Spaghetti Nero mit Seeigel, Kabeljau mit geräucherten Linsen und Lobster mit Erdbeeren und Himbeeren.

Ähnlich verspielt arbeitet Chef Danilo Baldan in der "Osteria di Santa Marina" im Castello-Bezirk. Das Muschel-Carpaccio mixt er mit Gänseleber, die Paccheri kommt mit Lobster-Ragout und die Ente wird mit Kohl umwickelt und in der Trüffelsauce serviert.

Aber was wäre Venedig ohne die Bacaros, die kleinen Weinbars, wo man auch mehr oder weniger anspruchsvolle Kleinstgerichte, die sogenannten "Cicheti" für den kleinen Hunger zwischendurch, bekommt. Gemeinsam natürlich mit einem Ombra, einem Glas Weißwein aus Venezien oder aus dem Friaul. Doch die Spreu vom Weizen zu trennen, nämlich ordentliche von den Touristenfallen, ist gar nicht so leicht.

Das älteste und noch immer originellste Bacaro ist am Obstmarkt hinter der Rialtobrücke zu finden. Das "Do Mori" gibt's angeblich seit 500 Jahren - und sogar Commissario Brunetti, die Romanfigur von Donna Leon, schaut ab und zu dort vorbei und kostet einen von mehr als 100 exzellenten Weinen.

Mittagessen mit den Gondolieres

Nicht weit davon befindet sich das "Bancogiro", wo man Geld nicht abheben, sondern hinlegen muss - für moderne Cicheti mit gefüllten Sardinen oder Tuna-Kaviar. Die besten originalen "Sarde saòr" findet man im "All'Arco" und die meisten Gondolieres trifft man im "Alla Rivetta". Da dampfen zu Mittag die frischen Seespinnen, da duften die frittierten Tintenfische und wer ein paar kleine Tellerchen ordentlich aufgegessen hat, bekommt vom Bar-Chef noch einen Grappa aufs Haus. Vorsicht, der brennt ganz schön. Und auf einen Absacker schaut man im "Bacaro Risorto" vorbei, gleich hinter der Markuskirche. Dort gibt's bis ein Uhr in der Früh Campari, Wein, Bier und ein bisschen Schinken, falls sich der Hunger noch einmal meldet.

Letzte Bemerkung: Natürlich schaut der p. t. Besucher auch in der berühmten "Harry's Bar" vorbei. Die Bar ist wahrscheinlich die bekannteste der Welt, und schließlich gehört das Haus am Canal Grande auch einem österreichischen Landsmann, dem Unternehmer Kahane. Dort isst man nix (nicht wirklich gut, dafür wahnsinnig teuer), dort trinkt man nur einen Bellini um wohlfeile 16,50 Euro. Und wenn Ihnen das zu teuer ist, dann rühren Sie es doch zu Hause selber an. Pfirsichpüree, einen Spritzer Zitronensaft und etwas Zuckersirup mit Prosecco aufgießen. Salute!

RESTAURANTS IN DEM ARTIKEL:

Corte Sconta 
Da Fiore 
Il Ridotto
Osteria di Santa Marina 
Osteria Alle Testiere
Hosteria Da Franz 
Antiche Carampane 

Bancogiro

Harry's 


Cantina do Mori 
Son Polo 429, Venedig 
Tel: +39 041 522 5401


Osteria All'Arco Sestiere 
San Polo 436, Venedig 
Tel: +39 041 520 5666


Trattoria Alla Rivetta 
Castello 4625, Venedig 
Tel: +39 041 528 7302


Bacaro Risorto Campo 
San Provolo 4700, Venedig 
Tel: +39 340 301 7047


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